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Durch die Entwicklung einer interaktiven und leicht zu bedienenden Software tragen Dr. Philipp Süss, Prof. Dr. Karl-Heinz Küfer, Dr. Katrin Teichert, Dr. Michael Bortz sowie Dr. Alexander Scherrer zu verbesserten Heilungschancen von Krebspatienten bei (v.l.n.r.). © Foto Dirk Mahler/Fraunhofer
Strahlentherapie ist eines der bedeutendsten Behandlungskonzepte gegen Krebs. Diese gut zu planen, ist jedoch eine hochkomplexe Aufgabe. Als Professor Küfer zum ersten Mal miterlebte, wie die Bestrahlung von Krebspatienten geplant wird, war er überrascht: »Die Prozesse, mit denen Ärzte und Physiker gemeinsam Strahlentherapiepläne erstellten, erinnerten an das Suchen von Gegenständen im Dunkeln, an ein Herantasten und wieder Verwerfen«, beschreibt Küfer, Mathematiker am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern. Er erkannte das Verbesserungspotenzial und machte sich auf die Suche nach einer Alternativlösung. Das Ergebnis war eine Software, die es leichter macht, eine gute Balance zwischen Therapiechance und eventuellen Nebenwirkungen zu finden. Letztlich trägt sie dazu bei, die Heilungschancen zu verbessern.
Lösungsvielfalt wird von Anfang an berechnet
Das Ziel der Therapie ist es, Tumorzellen abzutöten, gesundes Gewebe aber zu schonen. Bisher hat der Mediziner seine Wünsche geäußert, der Strahlenphysiker überführte diese in einen Therapieplan. War der Arzt nicht zufrieden, arbeitete der Physiker nach. Man näherte sich dem Optimum an. »Das Neue des mathematischen Ansatzes ist, dass man von Anfang an eine Lösungsvielfalt berechnet, aus der der Arzt eine für den Patienten bestmögliche auswählen kann«, erläutert Professor Jürgen Debus, Radioonkologe am Universitätsklinikum Heidelberg. Er testete die entwickelte Software in der Klinik.
Um den Prozess zu verbessern, betrachteten die Fraunhofer-Forscher Karl-Heinz Küfer, Dr. Michael Bortz, Dr. Alexander Scherrer, Dr. Philipp Süss und Dr. Katrin Teichert die Therapieplanung als mehrkriterielle Optimierungsaufgabe. Dabei muss ein ausgewogener Kompromiss zwischen etwa zehn bis fünfzehn teilweise gegenläufigen Planungszielen gefunden werden. »Hierfür gibt es ein besseres Konzept als die bisherige Versuche-und-Verwerfe-Strategie, nämlich das Prinzip der Paretolösung«, betont Karl-Heinz Küfer. Dies ist eine Lösung, die nicht gleichzeitig für alle Kriterien besser werden kann. Wenn man ein Kriterium verbessert, muss sich ein anderes verschlechtern. Im Fall der Bestrahlung bedeutet dies etwa: Wird der Tumor mit höherer Dosis bestrahlt, wird auch das umliegende Gewebe stärker geschädigt.
Bessere Tumorkontrolle dank Planungssystematik
Entwickelt wurde die Software unter Leitung des ITWM gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum, dem Universitätsklinikum Heidelberg sowie dem Massachusetts General Hospital im Forschungsverbund der Harvard Medical School. »Die Tumorkontrolle funktioniert durch die neue Planungssystematik besser, da wir den Tumor mit einer höheren Dosis bestrahlen können. Die Wahrscheinlichkeit, dass er dauerhaft vernichtet wird, ist damit höher. Zudem schonen wir Normalgewebe, das wir früher unter Umständen gar nicht schonen konnten«, bestätigt Professor Thomas Bortfeld, der die mehrkriterielle Optimierung 2011 gemeinsam mit dem Unternehmen RaySearch Laboratories im Massachusetts General Hospital in Boston erstmals klinisch zum Einsatz brachte. Durch zusätzliche Lizensierung durch den Weltmarktführers Varian Medical Systems ab 2016 wird die Technologie künftig an über 20 000 Therapieplanungsplätzen weltweit verfügbar sein.
Für die Entwicklung der interaktiven mehrkriteriellen Strahlentherapieplanung erhielten die Fraunhofer-Forscher Karl-Heinz Küfer, Michael Bortz, Alexander Scherrer, Philipp Süss und Katrin Teichert mit den Forschungspartnern Thomas Bortfeld, Jürgen Debus, Wolfgang Schlegel und Christian Thieke den Preis des Stifterverbands 2016. Die Jury betonte zudem »die breite Einsetzbarkeit des Verfahrens zur Behandlung der Volkskrankheit Krebs sowie den internationalen Marktbezug«.